Kaum ist man frische*r Hochschulabsolvent*in, beginnt auch schon das echte Leben: die erste richtige Jobsuche steht an. Hat man erstmal die passenden Stellen gefunden und sich durch das Verfassen perfekter Bewerbungsschreiben gequält, steht auch bald das erste Vorstellungsgespräch an. Die richtige Vorbereitung ist hier das A und O, doch was ist eigentlich mit so vermeintlich kleinen Hürden wie dem Duzen und Siezen? Wie geht man damit um, wenn der/die potentielle Chef*in einem das DU anbietet? Wir geben euch Tipps, wie ihr euch in solch einer Situation richtig verhaltet.
Korrekte Ansprache: So funktioniert es
Im privaten Bereich ist es meist einfach mit dem DU. Wer duzt, darf zurück geduzt werden. Wobei es hier laut Knigge auch einige Regeln zu beachten gilt:
Die Frau bietet dem Mann das DU an (Damit soll vermieden werden, dass ein DU seitens des Mannes als eine vorschnelle Annäherung interpretiert wird und die Frau sich unwohl fühlt)
Es bietet stets der Ältere dem Jüngeren das DU an
Es bietet stets der Höherrangige dem Nachrangigen das DU an
Im Zuge der Globalisierung und Digitalisierung unserer Welt, weichen diese Regeln allerdings mehr und mehr auf. Im Englischen zum Beispiel werden alle mit YOU angesprochen, weshalb sich das Problem mit dem Duzen und Siezen hier gar nicht erst ergibt. In südlichen Ländern, wie zum Beispiel Spanien, sprechen sich auch fremde Leute oft mit dem DU an. In Deutschland allerdings ist man noch sehr auf Höflichkeit und Etikette bedacht. Daher ist man hier mit einem SIE auf der sicheren Seite, sofern man fremde Leute trifft. Es vermittelt Distanz und Respekt und legt die Beziehung zueinander sofort klar. Mittlerweile vermitteln uns aber auch hierzulande beispielsweise die Werbung und die Medien, dass ein DU problemlos eingesetzt werden kann. Es klingt nunmal angenehmer und wir fühlen uns direkt angesprochen.
Ansprache im Vorstellungsgespräch: Wie du mir, so ich Ihnen?
Auch immer mehr Unternehmen setzen je nach Branche auf die weniger förmliche Ansprache und sprechen potentielle Kandidat*innen bereits im Vorfeld per DU an. Wer also bereits in der Stellenanzeige per DU angesprochen wird, der sollte sich mental darauf einstellen, dass er im Bewerbungsgespräch geduzt wird. Vorsicht aber beim Anschreiben! Hier sollte man als Arbeitssuchende*r immer die klassische Anrede benutzen und die traditionellen Kommunikationsnormen, also die Einhaltung von SIE, befolgen.
Was macht man denn nun, wenn man wildfremde Menschen in einer ebenso seriösen wie formalen Situation eines Bewerbungsgesprächs kennenlernt und sie einem entweder das DU anbieten oder aber sofort drauflos duzen?
Erst Mal. Keine Panik. Wenn euch das DU locker über die Lippen geht, dann nehmt das Angebot auf jeden Fall an. Solltet ihr im Gespräch automatisch auf SIE zurückfallen, ist das bei Weitem kein Beinbruch.
Vielen Bewerber*innen aber fällt die sprachliche Nähe in Form des Duzens im Vorstellungsgespräch schwer, denn wer fremden Personen gegenübersitzt, die einen ausfragen und auf Herz und Nieren prüfen, der fühlt sich oft wohler, wenn er selbst etwas Distanz wahren kann. Hier gilt es sich einen Ruck zu geben und offen zu kommunizieren, dass man das DU gerne zu einem späteren Zeitpunkt annehmen möchte und sich an den kollegialen Umgangston im Bewerbungsgespräch erst noch gewöhnen muss. Schließlich lässt es sich einmal angeboten auch nicht mehr zurücknehmen.
Ihr könnt zum Beispiel auf folgende Formulierungen zurückgreifen, wenn euch im Bewerbungsgespräch das DU angeboten wird:
“Vielen Dank für das nette Angebot. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich muss mich erst an das DU im Vorstellungsgespräch gewöhnen und würde gerne erstmal beim SIE bleiben.”
Oder folgendermaßen:
“Ich finde es schön, dass Sie mir das DU anbieten. Ich kannte das bisher so gar nicht beim Vorstellungsgespräch. Ich hoffe, es stört Sie aber nicht, wenn ich vorerst gerne beim SIE bleiben würde.”
Natürlich ist solch eine Situation auch ein bisschen heikel, schließlich will man sich nicht von Anfang an beim/bei der zukünftigen Arbeitgeber*in unbeliebt machen. Ein DU sagt in der Regel auch viel über die Unternehmenskultur aus. In einem Konzern wirst du mit großer Wahrscheinlichkeit gesiezt werden, hingegen wäre es in einem Start-Up schon fast befremdlich, würde man eine formelle Ansprache einhalten, da die Hierarchien hier in der Regel flach sind.
Wäge in jedem Fall ab, wie wohl du dich gerade fühlst, wie die Atmosphäre ist und wie angenehm dir dein/e Gesprächspartner*in erscheint. Bedenke aber stets, dass ein Bewerbungsprozess immer für beide Seiten zufriedenstellend ablaufen muss, denn als Bewerber*in bist du kein Bittsteller. Nicht nur du solltest zum Unternehmen passen, sondern andersrum muss auch das Unternehmen zu dir passen.